IfSWP - Working Papers des Instituts für Soziologie

Die IfS Working Papers bieten Wissenschafter*innen und Studierenden mit Anbindung an das Institut für Soziologie die Möglichkeit zur Veröffentlichung von Ergebnissen ihrer wissenschaftlichen Arbeit sowie fundierten Erörterungen aktueller gesellschaftspolitischer Entwicklungen.

Die IfS Working Papers schaffen Sichtbarkeit für Projekte am Institut und dienen der Anregung kritischer Diskussionen von wissenschaftlichen Befunden und soziologischen Gesellschaftsdiagnosen. Gleichzeitig möchte die Reihe Platz für Inhalte und Formate bieten, die in herkömmlichen wissenschaftlichen Journalen keinen Platz finden.

Die einem Double-Blind Begutachtungsverfahren unterzogenen, überarbeiteten und akzeptierten Working Papers werden auf der Institut-Homepage open-access publiziert.

 

Wir freuen uns jederzeit über Einreichungen!

Die Herausgeber*innen
Annalena Mittlmeier, Monika Mühlböck, Christina Siegert

 Veröffentlichungen

2023

IfS Working Paper 02/2023

Pandemische politische Ökonomie: Zur kapitalistischen Verarbeitung der Corona-Krise

In diesem Working Paper skizzieren wir, wie sich im Zuge der Covid-19-Pandemie und der Maßnahmen zu ihrer Eindämmung politisch-ökonomische Spannungen und Widersprüche entfalten, Konfliktlinien und Blockaden ergeben und wie diese bearbeitet werden. Wir gehen davon aus, dass sich die durch die Pandemie ausgelöste Krisendynamik mit anderen, teilweise schon länger existierenden Krisendynamiken verbindet, und untersuchen, inwiefern es dabei zu Verschiebungen, Vertiefungen oder Repolitisierungen im Feld einer multiplen Krise kommt. Wir stellen systematisch konzeptionelle und empirische Querverbindungen zwischen einzelnen Krisendynamiken her, um sie in ihren Wirkungen besser einschätzen zu können und die Fragen zu behandeln, die dieses Papier grundlegend anleiten: Entstehen aus der Corona-Krise und ihren Bearbeitungsformen Konturen einer neuen Konfiguration kapitalistischer Entwicklung? Und in welchem Verhältnis stehen diese zu Kontinuitäten oder Vertiefungen bestehender Arrangements? Wir nähern uns diesen Fragen über Analysen in sieben Politikfeldern.

IfS Working Paper 01/2023

Von der Grounded Theory zur gebauten Theorie Design Games als soziologische Methode

Peter Fikar, Tilo Grenz, Philipp Knopp, Tereza Maletz

DOI: 10.25365/phaidra.381

Dieses Working Paper handelt vom Versuch, qualitative Grounded Theory Methodologie und Spielgestaltung im Sinne von Design Games zu verbinden. Wir schließen dabei an die neue Strömung der Designsoziologie an, die über disziplinäre Grenzen hinweg Ideen aus dem Mediendesign in den soziologischen Methodenkanon aufnimmt. Das hier vorgestellte Design Game „Windschatten“ ist der Prototyp für ein Kooperationsspiel mit spezifischen Erkenntnisansprüchen und trägt zu den Debatten der Designsoziologie bei. In diesem Paper stellen wir die methodische Herstellung des Spiels vor und zeigen, wie Designmethoden mit den Prinzipien qualitativer Sozialforschung verknüpft werden können.

Das Design Game Windschatten

DOI: 10.25365/phaidra.382

Das Design Game „Windschatten“ ist kollaboratives Spiel, das als sozial- und designwissenschaftliche Methode und als Werkzeug für Partizipations- und Organisationsprozesse verwendet werden kann. Das Ziel dieses kollaborativen Spiels ist es, über Züge hinweg und schrittweise Aktionen zu gestalten und sich über die Runden einer Problemstellung – dem zentralen Szenario – anzunähern. Dabei entwickeln die Spieler*innenteams Lösungsvorschläge – Aktionen –, die von Team zu Team weitergegeben werden, um passende Lösungen fortlaufend weiterzuentwickeln. Es wurde in der Forschung mit der Straßenzeitung Augustin, Fridays for Future und dem Chaos Computer Club Wien entwickelt. Es ist eine partizipative Methode der Soziologie und soll Spieler*innen helfen im echten Leben gemeinsame Projekte zu entwickeln.

Ebenso stellen wir ein Paket zur Verfügung, das zentrale Spielelemente beinhaltet, die weiterverwendet werden können. Das Paket enthält digitale Objekte für das Spiel Windschatten. Dazu gehören Designs für Spieler*innentokens, Karten und Spielfeld: https://phaidra.univie.ac.at/o:1625062 


2021

IfS Working Paper 1/2021

Soziale Determinanten der Entscheidung für eine weiterführende Schule am Ende der Neuen Mittelschule : Unter besonderer Berücksichtigung technisch interessierter Schüler/innen.

Camilo Molina

DOI: 10.25365/phaidra.257

Dieses Papier befasst sich mit dem Interesse für Technik unter Jugendlichen der 8. Schulstufe und dessen Rolle für Bildungsentscheidungen am Übergang zur Sekundarstufe II. Grundlage der Analyse ist die 1. Welle des Jugendpanels „Wege in die Zukunft“, die repräsentative Daten zum Abschlussjahrgang 2017/18 der Neuen Mittelschule (NMS) in Wien bietet. „Technische Begabung“ wird anhand spezieller Fragebogenitems auf drei verschiedene Arten operationalisiert und die entsprechenden Sampleuntergruppen mit dem Gesamtsample verglichen. In einem weiteren Schritt wird mittels binär logistischen Regressionsmodellen der Einfluss von persönlichen Neigungen, Schulerfolg und sozioökonomischer Lage auf die Entscheidung für oder gegen eine höhere weiterführende Schule untersucht.

Die Daten zeigen, dass die Freizeitbeschäftigung mit Technik oder der gute Umgang mit Computern nach wie vor männlich geprägt sind und mit klareren, sowie auch höheren Bildungswünschen korrelieren. Subjektive Orientierung, Benotung der Schulleistungen, Bildungswünsche der Eltern sowie die Empfehlungen von Lehrer/innen variieren allerdings teilweise unabhängig voneinander und zeitigen jeweils eigenständige Effekte auf die Bildungsentscheidung. Die Analyse weist zudem auf Differenzierungen zwischen den Schüler/innen hin, die stärker im Hintergrund wirken: Unter sonst gleichbleibenden Umständen ist die Wahrscheinlichkeit einer Anmeldung für eine Berufsbildende Höhere Schule (BHS) geringer, wenn es sich um zugewanderte Jugendliche oder um Schüler/innen aus schulbildungsferneren Haushalten handelt.


2020

IfS Working Paper 03/2020

Aging in Digital Culture: How Older Smartphone Users Experience Aging

Alexander Seifert, Rebekka Rohner, Vera Gallistl, Anna Wanka

DOI: 10.25365/phaidra.228

With the spread of mobile devices such as smartphones, smartwatches, and fitness trackers,
technology is increasingly permeating our daily lives. They have also become “affective
technologies” that influence our everyday emotions and perceptions and our experiences
of aging. This paper investigates the association between mobile device use and the
subjective experience of aging (SEA), with the hypothesis that the more frequently older
adults use smartphones, the more positively they experience aging. A multiple hierarchical
linear regression model was calculated based on a secondary analysis of Swiss survey
data for older (≥ 65 years, N = 1037) adults. According to the survey data, 32.1% of
participants used a smartphone. Univariate and multivariate analyses, controlled for a
number of relevant confounders and the use of different devices, confirmed the positive
relationship between frequency of smartphone use and SEA. The results suggest that mobile
devices should be included as an independent variable when investigating subjective experiences of aging. 

IfS Working Paper 02/2020

Recent Challenges in Hungary: Economic Inequalities and Labour Shortage from the Perspective of Labour Unionists

Alexander Seifert, Rebekka Rohner, Vera Gallistl, Anna Wanka

DOI: 10.25365/phaidra.228

This paper analyses the relationship between labour shortage and economic inequalities within Hungary (before the Covid-19 Crisis) from the perspective of labour unions. The main focus of this research is to understand how Hungarian labour market developments led to the emigration of labour force and the labour shortage that developed considering the specific historical, geographical and political characteristics of Hungary within the Central and Eastern European region. This paper extends the existing research about emigration and labour shortage as it includes labour union representatives’ experience based on 17 semi-structured problem-centred interviews. This study concludes that meagre wages hinder the social recognition of traditional professions and skilled labour force. As a result, the labour force develops its strategy of changing professions to less demanding activities either moving abroad or to wealthier regions of Hungary due to the increasing workload that infiltrates private life. This results in growing job fluctuation and the lack of professional labour force. The study furthermore identifies how regional inequalities influence people’s migration opportunities and finds that people from Hungary’s poorer Eastern regions firstly relocate to border areas which then they use as a springboard to find better opportunities in Western Europe.

IfS Working Paper 01/2020

Erklärvideos: Ein wissenssoziologischer Feldzugang und erste Rahmenanalysen

Achim Brosziewski, Tilo Grenz, Clara Löffler, Michaela Pfadenhauer

DOI: 10.25365/phaidra.211

In einer Nische der Youtube-Kultur hat sich in den letzten zehn Jahren ein Genre etabliert, dessen Exemplare nicht (nur) unterhalten sollen. Erklärvideos wollen Wissen vermitteln, vom Knöpfe-Annähen über erfolgversprechendes Bewerbungsverhalten und Begriffserklärungen bis hin zu den Feinheiten fortgeschrittener Mathematik und diverser Studienfächer höherer Ausbildungs- und Weiterbildungsgänge. Ein wissenssoziologischer Zugang zu dieser jungen Form der Wissenskommunikation fehlt bislang allerdings. Der Beitrag argumentiert, dass institutionelle, kulturelle und funktionale Beschränkungen existieren, mit denen soziale Begrenzungen der Aneignung, der Prüfung und der Verbreitung der durch Erklärvideos aufbereiteten Wissensbestände einhergehen. D.h., diese neue Art der Wissensvermittlung geht mir neuen Anforderungen einher, die die abgesteckten Konturen bzw. Grenzen bisheriger beruflicher und/oder curricularer Wissensvermittlung sprengen, womit ‚versteckte‘ Voraussetzungen für die Aneignung von Wissen einhergehen. Im Beitrag wird eine Systematik des breiten Felds der Erklärvideos vorgestellt, ein empirisches Vorgehen zur Analyse der


2019

IfS Working Paper 04/2019

Introducing Young Unemployed to the “Sobering Reality of Work”: ‘Cooling Out’ in Active Labour Market Policies

Lukas Alexander

DOI: 10.25365/phaidra.145

Diese Arbeit konzentriert sich auf ‘cooling out’ in der aktiven Arbeitsmarktpolitik, eine Praxis, die in Verbindung zum neoliberalen Aktivierungsparadigma steht und berufliche Ambitionen senkt um einen raschen Übergang in ein reguläres Arbeitsverhältnis sicherzustellen. Anhand von ExpertInneninterviews untersuche ich institutionelle Muster verschiedener Ebenen und die persönlichen Erfahrungen von TeilnehmerInnen im Wiener Trainingsprogramm ‘Beyond the past’ (anonymisiert). Dieses bietet befristete Arbeitsplätze für junge Arbeitslose mit dem Ziel, jene zu aktivieren – Vorbereitung für und Übergang zum ersten Arbeitsmarkt. Es ist ein perfektes Beispiel für eine hierarchische Implementierung, institutionelle Kooperation und das Zusammenspiel von politischen Schlüsselakteuren in Wien. Die Ergebnisse zeigen, dass die Strukturen auf den ersten Blick zwar sehr hierarchisch erscheinen, aber interaktive Prozesse auf allen Ebenen vorhanden sind und die lokalen Organisationen beträchtlichen Freiraum bei der endgültigen Umsetzung haben. Die ExpertInnen in den Institutionen stützen sich unhinterfragt auf ‘cooling out’ als notwendige Praxis der Arbeitsmarktintegration. Dennoch wird Rücksicht auf individuelle Präferenzen genommen. Die interviewten TeilnehmerInnen scheinen sich über die aktiven und passiven Formen von institutionalisiertem ‘cooling out’ nicht bewusst zu sein. Die abweichenden Sichtweisen von ExpertInnen und jungen Erwachsenen unterstreichen die Wichtigkeit einer subjektiven Perspektive auf ‘cooling out’.

IfS Working Paper 03/2019

Über Umwege zu Müttern und Vätern gemacht: Reproduktionstechnologien und die (Ko-)Konstruktion von Technik und Geschlecht am Beispiel österreichischer Kinderwunschkliniken

Lisa Bock

DOI: 10.25365/phaidra.121 

Ziel des vorliegenden Artikels ist es, die (Ko-)Konstruktion von Technik und Geschlecht am Beispiel der Darstellung und Thematisierung des Einsatzes der Reproduktionstechnologien österreichischer Kinderwunschkliniken herauszuarbeiten. Grundlage für die Analyse sind feministische, technikkritische Ansätze.

Die Verfahren der assistierten Reproduktion strukturieren neue Verständnisse von Natur. Die Auffassungen von Mutter- sowie Vaterschaft unterliegen einer laufenden Veränderung. Die binären Geschlechterverhältnisse zwischen Frauen und Männer gelten nach wie vor als stabil, obwohl aus feministischer, technikkritischer Sicht ein ambivalentes Verhältnis zwischen Technikeinsatz und vermittelten Geschlechterkategorien existiert. Frauen werden meist als alleinige Nutzerinnen gesehen, während Männer in den Hintergrund treten. Technikeinsatz und damit einhergehende medizinische Risiken sowie rechtliche Rahmenbedingungen werden mit Hilfe von sozial konstruierten Zuschreibungen und Wünschen wie guter Mutterschaft und Weiblichkeit gerechtfertigt. Der Technikeinsatz im Bereich der Fortpflanzung und Reproduktion stellt nicht länger ein medizinisches Randphänomen dar. Die Materialität der Reproduktionsmedizin ist strukturgebend für die neu entstehenden sozialen Normen und Werte.

IfS Working Paper 02/2019

Subjektpositionen im Internet: Eine wissenssoziologische Diskursanalyse im Social Web am Beispiel der Plattform unzensuriert.at

Valeria Zenz

DOI: 10.25365/phaidra.120 

Das folgende Working Paper geht davon aus, dass mithilfe des Internets (social web) Subjekte SprecherInnenpositionen einnehmen können, die ohne diese Infrastruktur nicht die nötigen Ressourcen dafür hätten. Die InhaberInnen dieser Sprecherpositionen können als soziale AkteurInnen die Verbreitung spezifischer Subjektpositionen vorantreiben. Der vorliegende Beitrag versucht mithilfe der Wissenssoziologischen Diskursanalyse nach Reiner Keller Subjektpositionen im Internet, am Beispiel der Plattform unzensuriert.at, zu analysieren und zu beschreiben. Es wird davon ausgegangen, dass der Konstruktionsmodus von Subjektpositionen in unmittelbarem Zusammenhang mit den kommunizierten Topoi stehen. Mithilfe einer Inhaltsanalyse wurden diskursive und nicht diskursive Praktiken der Plattform analysiert.

IfS Working Paper 01/2019

Elective Co-Parenting: Entscheidungsprozesse zu gewählter Co-Elternschaft

Ines Jogl

DOI: 10.25365/phaidra.114

Diese Schrift ist im Zuge meiner Masterarbeit entstanden und beschäftigt sich mit der privaten Lebensform der gewählten Co-Elternschaft. Bei der gewählten Co-Elternschaft handelt es sich um zwei oder mehrere Personen, die sich, ungeachtet ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung, zusammenfinden, um gemeinsam ein Kind beziehungsweise Kinder zu bekommen und zu erziehen, jedoch ohne eine romantische oder sexuelle Beziehung miteinander einzugehen oder zwingend in einem gemeinsamen Haushalt zu leben.

Die Daten wurden mittels acht episodischer Interviews erhoben. Sechs Interviews wurden mit der Feinstrukturanalyse ausgewertet und acht Interviews mit der Themenanalyse nach Froschauer und Lueger. Die Ergebnisse wurden mit der Individualisierungs- und Pluralisierungsthese von Ulrich Beck sowie dem RREEMM Modell von Lindenberg in Beziehung gesetzt.

Die zentralen Ergebnisse beziehen sich auf den Entscheidungsprozess für die gewählte Co-Elternschaft sowie auf die strukturierenden Rahmenbedingungen und den Einfluss von Normvorstellungen. Weibliche Personen, die sich für die gewählte Co-Elternschaft entscheiden, wählen diese zumeist aufgrund der gewünschten Beteiligung des biologischen Vaters, wobei das Ausmaß der Partizipation in den meisten Fällen keine Rolle spielt. Männliche homosexuelle Personen hingegen sehen die Co-Elternschaft als einzigen Weg, ein leibliches Kind mit einer väterlichen Beteiligung zu bekommen. Idealvorstellungen von Familie, wie beispielsweise der Vorteil eines männlichen Elternteiles innerhalb einer Familie, haben ebenfalls Einfluss auf die gewählte Co-Elternschaft.


2018

IfS Working Paper 03/2018

Zur Entwicklung der Latent Structure Analysis von Paul F. Lazarsfeld

Barbara Louis

DOI: 10.25365/phaidra.79

Das Working Paper zeichnet in sehr komprimierter Form die wesentlichen Elemente nach, die zur Entwicklung der Latent Structure Analysis, einer Methode zur Analyse qualitativer Daten, beitrugen. Entwickelt wurde diese Methode von Paul F. Lazarsfeld und seinen MitarbeiterInnen an der Columbia University in New York City. Darüber hinaus beschäftigt sich das Working Paper mit der ursprünglichen Version der LSA, die erstmals 1950 veröffentlicht wurde. Dabei werden die Voraussetzungen und Annahmen dargelegt, die für eine LSA vonnöten sind; vom Datenmaterial über wahrscheinlichkeitstheoretische Annahmen bis hin zu den grundlegenden statistischen Bausteinen.

IfS Working Paper 02/2018

Die Akzentuierung des Unscheinbaren: Zur Stofflichkeit der sozialen Welt am Beispiel ‚Zero Waste‘

Raphaela Casata

DOI: 10.25365/phaidra.57

Mit dem ‚material turn’ wurde das Ende einer jahrelangen ‚Sachblindheit’ und ‚Dingvergessenheit’ der Soziologie eingeleitet. Zwar erfahren seither insbesondere von Menschen gefertigte Artefakte eine verstärkte Zuwendung, diese bleibt allerdings oftmals an der Oberfläche. Die Stofflichkeit von Dingen und Stoffe als eigene Einheiten finden kaum Beachtung, wenngleich sich dies als ertragreich für das Verstehen sozialer Phänomene herausstellen kann. Einige wenige Stofflichkeit berücksichtigende Arbeiten zeigen, wann und wie sich die zumeist unscheinbare Komponente materialer Kultur bemerkbar macht und als sozial bzw. soziologisch relevant erscheint. Neue Einblicke in sozial-materiale Welten verspricht auch das Konzept der ‚Stoffgeschichten’; dessen zeitund kontextsensible Perspektive fokussiert die Wechselbeziehung zwischen Stoffen, Individuen und Gesellschaft. Am Beispiel ‚Zero Waste‘ lässt sich zeigen, wie Stoffe und Stoffgeschichten nicht nur Eingang in empirische und theoretische Auseinandersetzungen finden, sondern als zentrale Bezugspunkte eines Weltdeutungsschemas und einer Gemeinschaft aus ihrem Schattendasein treten.

IfS Working Paper 01/2018

The Social Construction of Gender and Lifestyles - Theoretical Concept for Gender and Social Inequality

Susanne Vogl, Nina Baur

DOI: 10.25365/phaidra.46

This article offers a conceptual framework for researching the interrelation of gender constructsand lifestyles and suggests categories for empirical research. We argue that genderpractices and lifestyles are intertwined, vary according to social milieu, and are negotiatedon a relationship level. Thus, researchers have to consider behaviour and ascribed meaningto explain underlying reasons for certain behaviours. On the individual level, normativeorientations, values, and gender images influence semantics. Regarding pragmatics, theconcrete task share among partners on a household level is central. Thus, gender practicesare specific to social milieus and spheres of life. We argue that employment, care, andleisure time activities as well as consumption are important constructions for understandinggendered lifestyles. Our framework offers categories for better grasping differences ofgender constructions, doing and undoing gender through lifestyles in social milieus simultaneouslyand systematically.


2017

IfS Working Paper 06/2017

The Contested Constitution of Work - Spatial Scales, Societal Spheres and Modes of Work. Current Research and Neglected Terrains

Jörg Flecker, Susanne Pernicka, Theresa Fibich

Florian Brugger, Vera Glassner, Bettina Haidinger, Raimund Haindorfer, Ursula Holtgrewe, Stefanie Hürtgen, Klaus Kraemer, Torben Krings, Johanna Muckenhuber, Sebastian Nessel, Karin Sardadvar, Philip Schörpf, Ruth Simsa, Roland Verwiebe, Johanna Woydack


Today's pervasive transformations in work and employment relate to changing forms of employment and work organisation, to blurring boundaries between paid and unpaid and formal and informal work, and to the shifting of work between different spheres of society. Over the past years, a number of economic and social processes, such as economic liberalisation, financialisation, or digitalisation, accelerated these trends. This results in an increasing openness of how work and employment are being constituted with regard to the societal division of labour and the institutional forms and organisational principles of work. In this paper we call to rethink the conventional spatial and institutional 'containers' and we argue for a widened perspective on the current dynamics of labour thus contributing to further developing the theoretical tools for the analysis of working life.

IfS Working Paper 05/2017

Die Vergesellschaftung Jugendlicher im Längsschnitt. Teil 2: Forschungsdesign und methodische Überlegungen einer Untersuchung in Wien

Jörg Flecker, Andrea Jesser, Barbara Mataloni, Maria Pohn-Lauggas, Christoph Reinprecht, Maria Schlechter, Andre Schmidt, Susanne Vogl, Veronika Wöhrer, Ulrike Zartler

Das Projekt "Wege in die Zukunft" am Institut für Soziologie der Universität Wien hat zum Ziel, zu verstehen wie Lebenswege und Zukunftsvorstellungen von Jugendlichen geprägt und geformt werden und wie sie sich nach der Pflichtschulzeit verändern. Der Fokus liegt nicht nur auf den Lebensumständen in Relation zur sozialen Herkunft, Bildung und Arbeitsmarktchancen, sondern auch auf Vorstellungen junger Menschen in Wien von ihrer Zukunft, wie sie sie sich wünschen, erträumen oder befürchten - und wie sich diese Vorstellungen verändern. "Wege in die Zukunft" basiert auf einem Mixed Methods-Längsschnittdesign, in dessen Rahmen einmal jährlich qualitative Interviews und Onlinebefragungen über einen Zeitraum von fünf Jahren durchgeführt werden. In der ersten Interviewwelle sind die Befragten etwa 14/15 Jahre alt und im letzten Jahr der "Neuen Mittelschule". Wir begleiten diese Jugendlichen ein Stück auf ihrem weiteren Weg. Unsere Befragten besuchten in der ersten Welle alle eine "Neue Mittelschule" in Wien. Basierend auf einer explorativen Phase im Frühjahr 2016 fand die erste Welle des qualitativen Strangs im Frühjahr 2017 mit 107 Jugendlichen statt. Die Interviews bestanden aus einem narrativen Teil, einem leitfadengestützten Teil und einem kurzen Sozialstatistikfragebogen. Die erste Welle der Onlinebefragungen wird Anfang 2018 durchgeführt. Dafür wurden die Fragebögen in zwei Phasen kognitiver Pretests und einem Standardpretest sehr sorgfältig verbessert. Für die erste Welle werden alle 117 "Neuen Mittelschulen" mit rund 7.000 SchülerInnen in Wien kontaktiert. Mit einer hohen Ausgangszahl in beiden Strängen sind wir zuversichtlich, auch über den Zeitraum von fünf Jahren eine ausreichend hohe TeilnehmerInnenzahl zu erreichen.

IfS Working Paper 04/2017

Die Vergesellschaftung Jugendlicher im Längsschnitt. Teil 1: Theoretische Ausgangspunkte für eine Untersuchung in Wien

Jörg Flecker, Andrea Jesser, Barbara Mataloni, Maria Pohn-Lauggas, Christoph Reinprecht, Maria Schlechter, Andre Schmidt, Susanne Vogl, Veronika Wöhrer, Ulrike Zartler

Das Paper skizziert die begrifflichen und theoretischen Grundlagen des Projekts "Wege in die Zukunft" des Instituts für Soziologie der Universität Wien. In der auf fünf Jahre angelegten, mixed methods Panelstudie werden Wiener Jugendliche ab dem letzten Pflichtschuljahr der Neuen Mittelschule jährlich interviewt. Die Fragestellungen der Studie umfassen: die Mechanismen der Reproduktion sozialer Ungleichheit; die Wirkungen institutioneller Arrangements im Bildungsbereich und der Arbeitsmarktpolitik; die subjektiven Spielräume für autonome Lebensgestaltung und Identitätsbildung und die Relevanz und Konstruktion von Zugehörigkeiten sowie Fragen der Anerkennung.

IfS Working Paper 03/2017

Highly Educated Self-Employed Persons with and without Migration Background in a Highly Regulated Economy. The Case of Austria

Sabrina Laufer

From an economic point of view self-employed persons (with migration background) make valuable contributions to society, for instance as employers. From a sociological point of view it is interesting to evaluate the causes of (migrant) self-employment in times of social and economic change in transnational economies. Thus, what are the reasons for self-employment and which opportunities and risks are involved? Which social groups face advantages and which face disadvantages? Based on representative data, the Austrian microcensus, this paper presents an overview of four types of self-employment by migration background between 2004 and 2015. Furthermore, the article focusses on one type by logit regressions for the reference year 2015. Several variables on different levels were tested. The results indicate that the likelihood of selfemployment among persons with high education and post-industrial occupations is the highest for men, persons over 40, part-time workers, persons working from home, persons working on weekends and house or apartment owners. Hence, the findings outline a labour market segmentation by country of origin and gender, flexibilisation of work and high relevance of home ownership. It is hoped to provide contents for policymakers for the purpose of building instruments for regulations.

IfS Working Paper 02/2017

From Theory to Practice. The Intersectionality Theory as a Research Strategy

Alba Angelucci

What is the Intersectionality Theory? How can it be used for investigating social phenomena? This paper is aimed at scrutinizing the methodological challenges that the wide application of the Intersectionality Theory in social sciences has brought to light  presenting some practical examples of intersectional research. After showing strengths and weaknesses of the intersectional paradigm, this work will try to rebut some of the most relevant criticisms of the Intersectionality Theory which have emerged so far withi  the academic debate. Then, the paper will discuss how it is possible to minimize potential drawbacks and to foster positive aspects of this approach, delineating an intersectional method, which can be used as a guideline to direct eventual future intersectional research.

IfS Working Paper 01/2017

Aktant_innen von Alter in Interviews. Eine agentiell-realistische Erweiterung des "doing age"

Grit Höppner

Informiert durch den agential realism Karen Barads erweitert dieser Beitrag das sozialkonstruktivistische Konzept des „doing age” um zwei materialitätsbezogene Perspektiven. Er arbeitet zum einen heraus, dass Alter ein sprachlich vermittelter und zugleich körperlicher Herstellungsprozess ist und weist zum anderen auf die Funktion hin, die Dinge im Rahmen dieses Herstellungsprozesses spielen. Der Begriff der Aktant_innen fasst diese situativen Verkettungen von Sprache und Körper, von Menschen und Dingen. Dieses theoretisch breit angelegte Verständnis der Herstellung von Alter wird anhand von Interviewdaten illustriert. Der Beitrag zeigt, welchen Mehrwert die materiale Erweiterung von „doing age” für die soziologische Altersforschung hat und betont das bisher unterschätzte Potential zur Erhebung und Analyse von körperlichen Vollzügen in der Interviewforschung.


2016

IfS Working Paper 02/2016

Woher man kommt, wohin man geht. Junge IndustriearbeiterInnen in Österreich

Carina Altreiter

Im öffentlichen Diskurs dominiert die Vorstellung, dass gerade für die junge Generation alles möglich sei. Im Vergleich zur Generation der Eltern oder Großeltern können junge Menschen aus einem Pool von Möglichkeiten auswählen und sind in der Gestaltung ihres Lebens kaum mehr an Grenzen sozialer Herkunft gebunden. Auch in den Sozialwissenschaften haben sozioökonomische Aspekte vor dem Hintergrund der Popularität der Individualisierungsthese an Bedeutung verlorenen. Das Paper zeigt unter Rückgriff auf den theoretischen Baukasten von Pierre Bourdieu am Beispiel von drei jungen Industriearbeitern, wie soziale Herkunft und der Habitus Berufsverläufe aber auch die Bedeutung von Arbeit strukturieren.

IfS Working Paper 01/2016

Bildung im Dritten Lebensalter. Potentiale und Zugangsbarrieren der Bildung in der nachberuflichen Phase

Anna Wanka und Vera Gallistl

In unserer heutigen Gesellschaft sind soziale Rollen älterer Menschen freier gestaltbar geworden - die ehemals als „Ruhestand“ bezeichnete Zeit der Pension stellt zunehmend eine Zeit flexibler Freizeitgestaltung und Selbstverwirklichung dar. In dieser neuen „Lebensphase Alter“ nimmt Bildung eine wichtige Rolle ein. Doch ist Bildung nach dem Erwerbsleben ebenso selektiv wie in jüngeren Jahren? Selektionsprozesse der nachberuflichen Bildung und ihr Einfluss auf die Lebenschancen im Alter werden noch selten von der Bildungsforschung thematisiert. Der vorliegende Artikel fragt nach der Strukturierung ungleicher Zugangschancen und Barrieren zu Bildung im Alter. Empirische Erkenntnisse für Österreich basieren auf der fünften Welle des Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE 2013). Sie zeigen eine geringere Bildungsbeteiligung im (höheren) Alter, die allerdings weniger vom biologischen Alter an sich, sondern stärker vom Bildungshintergrund und dem subjektivem Gesundheitszustand älterer Menschen beeinflusst wird. Ältere Menschen nehmen nicht durch altersbedingte Abbauprozesse weniger häufig an Bildung teil, sondern leben in sozialen Umwelten, die weniger förderlich auf (formale und non-formale) Bildungstätigkeit im herkömmlichen Sinne wirken. Dagegen spielen andere, informellere Bildungsformen im Alter eine wichtigere Rolle. Besonderes Potential zur Förderung von Bildungsaktivität im Alter zeigt der Übergang in die nachberufliche Phase als „window of opportunity“ in Kombination mit praxisorientierten Lernformen.